Kapitalanleger, Vermieter, Selbstständige oder Unternehmer – sie alle erzielen schwankende Einkünfte und können die sogenannte Verlustverrechnung als Instrument nutzen, um Steuern zu sparen. Wer weiß, worauf er achten muss, reduziert seine Abgabenlast deutlich und schafft finanzielle Spielräume. Besonders bei größeren Investitionen oder Börsenschwankungen lohnt sich ein genauer Blick auf die Verrechnungsmöglichkeiten. So lassen sich teure Fehler vermeiden und die eigene Steuerstrategie profitiert nachhaltig. Wir erklären, welche Arten von Verlust wie und in welchem Umfang genutzt werden können.


Die Grundlagen der steuerlichen Verlustverrechnung

Natürliche Personen mit Einkünften aus den sieben steuerpflichtigen Einkunftsarten finden alle wichtigen Regelungen im Einkommensteuergesetz (EStG). Darin wird deutlich, dass Verluste entstehen, wenn die Werbungskosten/Betriebsausgaben die Einnahmen übersteigen. Steuerlich relevant wird das aber erst, wenn beides innerhalb der Steuerveranlagung miteinander verrechnet wird. Das kann noch im selben Jahr passieren oder durch einen sogenannten Vortrag bzw. Rücktrag auch in anderen Jahren.

Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften

Wie so oft gelten für Kapitalgesellschaften (wie GmbHs oder AGs) andere steuerliche Regelungen. Diese Unternehmen unterliegen dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) und müssen insbesondere auf § 8c KStG achten. Ähnlich wie natürliche Personen können auch sie ein Defizit mit künftigen Gewinnen verrechnen. Es gibt einen Verlustrücktrag und eine unbegrenzte Vortragsoption. Ein großer Unterschied besteht aber zum Beispiel darin, dass bei einem Gesellschafterwechsel Verlustvorträge ganz oder teilweise entfallen können. Im Folgenden konzentrieren wir uns vor allem auf die Verlustverrechnung für natürliche Personen.


Mögliche Verfahren für die Verlustverrechnung erklärt

Die Verlustverrechnung erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Zur Auswahl stehen zwei verschiedene Vorgehensweisen, die variieren – je nachdem, ob gleiche oder unterschiedliche Einkunftsarten verrechnet werden sollen.

 

 

Horizontale Verlustverrechnung

Vertikale Verlustverrechnung

Definition

Innerhalb derselben Einkunftsart werden Gewinne und Einbußen miteinander verrechnet. Zum Beispiel lässt sich ein Minus aus einem Gewerbebetrieb mit einem Gewinn aus einem anderen Gewerbebetrieb ausgleichen.

Verbleibende Verluste können bei diesem Verfahren mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten wie aus nichtselbstständiger Arbeit oder Kapitalvermögen verrechnet werden.

Beispiel

Eine Grafikdesignerin erzielt 40.000 Euro Gewinn aus Designaufträgen und macht 10.000 Euro Minus mit einem eigenen Online-Shop. Beide Tätigkeiten gehören zur gleichen Einkunftsart. Verluste dürfen direkt mit Gewinnen verrechnet werden.

Ein Angestellter verdient 60.000 Euro brutto und macht 5.000 Euro Verlust mit einer vermieteten Wohnung. Da es sich um unterschiedliche Einkunftsarten handelt, erfolgt ein vertikaler Verlustausgleich.

Steuerlich relevant

Die Grafikdesignerin muss nur 30.000 Euro als Gewinn versteuern, statt der vollen 40.000 Euro. Die Verluste senken ihre Steuerlast direkt im gleichen Veranlagungsjahr.

Das Defizit über 5.000 Euro aus der Vermietung mindert das zu versteuernde Einkommen des Angestellten auf 55.000 Euro. Die Steuerlast reduziert sich indirekt über den Ausgleich zwischen Einkunftsarten.

 

In beiden Fällen wird die Steuerlast gemindert, indem Verluste mit Gewinnen verrechnet werden. Doch es gibt wichtige Unterschiede im Ablauf, in der Logik und in den steuerlichen Konsequenzen, die Anwender nicht übersehen sollten. Der horizontale Weg ist ein innerer Ausgleich, der oft unauffällig erfolgt. Die vertikale Verlustverrechnung hat hingegen größeren Einfluss auf das gesamte zu versteuernde Einkommen und entscheidet auch darüber, ob und wie viel Geld ggf. vorgetragen oder zurückgetragen werden muss.

 

Verlustvortrag und -rücktrag als wertvolle steuerliche Instrumente

Sollten nach der Verrechnung innerhalb eines Jahres immer noch Fehlbeträge übrigbleiben, weil keine ausreichenden positiven Einkünfte zum Ausgleich vorhanden sind, kommen die bekannten zeitlichen Ausgleichsoptionen zum Einsatz:

  • Verlustrücktrag (§ 10d Abs. 1 EStG): Verluste können bis zu 1 Mio. Euro (bzw. 2 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung) in das unmittelbar vorangegangene Jahr zurückgetragen werden.
  • Verlustvortrag (§ 10d Abs. 2 EStG): Ein Defizit, das nicht rückgetragen werden kann oder soll, wird in den Folgejahren mit zukünftigen Gewinnen verrechnet. Die Verrechnung ist grundsätzlich unbefristet möglich, allerdings gelten ab einem Sockelbetrag von 1 Mio. Euro Einschränkungen (Mindestbesteuerung).

 

Diese steuerlichen Instrumente dienen dazu, Einkünfte von Unternehmen, Selbstständigen, Vermietern und Kapitalanlegern über mehrere Jahre zu glätten und so die Steuerlast gleichmäßig zu verteilen. Buchhalter profitieren hierbei von einer modernen Buchhaltungssoftware.


Verlustverrechnung bei Aktien und anderen Kapitalanlagen

Seit der Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 unterliegt die Verlustverrechnung bei Kapitaleinkünften strengen Einschränkungen, die vorrangig private Anleger betreffen. Sie können Einbußen aus diesem Bereich nur begrenzt steuerlich nutzen. Die Verlustverrechnung bei Aktien sieht vor, dass ausschließlich mit Gewinnen aus anderen Aktienverkäufen ausgeglichen werden darf. Um Steuervorteile nicht zu verschenken, lohnt sich daher eine sorgfältige Planung und Übersicht über Gewinne und Verluste im Depot.

 

Steuerliche Tipps für Kapitalanleger

  • Depotübertrag zu verschiedenen Banken, um Gewinne und Verluste zu trennen oder zusammenzuführen.
  • Zeitliche Steuerung von Veräußerungen, um Beträge innerhalb eines Kalenderjahres zu synchronisieren.
  • Nutzung von Bescheinigungen, falls eine Bank die Verrechnung nicht vollständig vornimmt.

 

Eine Verrechnung mit Einkünften aus Arbeit, Vermietung oder Selbstständigkeit ist grundsätzlich nicht erlaubt. Diese Maßnahmen helfen, steuerliche Nachteile zu vermeiden und die Abzugsfähigkeit optimal zu nutzen.

 

Langjährige Unklarheit zur Verlustverrechnung bei Termingeschäften

Das Bundesverfassungsgericht sollte zuletzt 2024 zur Verlustverrechnung entscheiden. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte in einem Beschluss vom 7. Juni 2024 erklärt, dass die damalige Beschränkung für Termingeschäfte (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG) nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Sie führe zur doppelten Ungleichbehandlung.

 

Gemeint ist eine Regelung aus dem Jahr 2020, die die Verrechnung von Minus-Beträgen aus Termingeschäften auf 20.000 Euro pro Jahr begrenzt hatte. Überschritten sie diesen Betrag, konnten sie nur in zukünftigen Jahren bis zu dieser Grenze vorgetragen werden. Da die Bundesregierung die Regelung mit ihrem Jahressteuergesetz 2024 bereits wieder abschaffte, ist eine verfassungsrechtliche Prüfung nicht mehr nötig. Verluste aus Termingeschäften sind wieder vollständig mit Gewinnen aus diesem Bereich und anderen Kapitaleinkünften verrechenbar.  


Die Verlustverrechnung bei Immobilien und Vermietung

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind eine häufige Quelle für steuerliche Verluste – insbesondere in den ersten Jahren nach dem Erwerb einer Immobilie. In dieser Zeit können schnell hohe Abschreibungen oder Instandhaltungskosten anfallen. Was viele nicht wissen: Diese Einbußen sind grundsätzlich mit anderen positiven Einkünften verrechenbar und können die eigene Steuerlast deutlich senken.

 

Ein Verlust aus Vermietung entsteht meist durch:

  • Hohe Finanzierungskosten (Zinsen)
  • Abschreibungen (AfA) auf Anschaffungs- oder Herstellungskosten
  • Instandhaltungskosten

 

Eigentümer sollten allerdings sicherstellen, dass das Finanzamt bei dauerhaft negativen Ergebnissen nicht die Ertragsabsicht infrage stellt. In diesem Fall droht die Einstufung als Liebhaberei, wodurch Verluste steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden.

 

Wichtige Aspekte bei der Verlustverrechnung im Immobilienbereich

Wer Zinsen, Abschreibungen oder Modernisierungskosten von der Steuer absetzen will, muss zeigen, dass die Vermietung auf Dauer Gewinne abwerfen soll. Eine realistische Mietgestaltung, nachvollziehbare Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen und eine korrekte Aufteilung der Anschaffungskosten stehen für das Finanzamt im Fokus.

 

Weitere Steuer-Tipps für Immobilienbesitzer:

  • Verteilung der Herstellungskosten auf mehrere Objekte zur Steuerlastverteilung
  • Gezielte Planung von Modernisierungen, um sie steuerlich in Verlustjahren zu aktivieren
  • Wahl der AfA-Methode (lineare oder degressive Abschreibung, soweit gesetzlich zulässig)

 

Damit lassen sich bei Investitionen in vermietete Immobilien langfristige Steuervorteile erzielen. Wird eine Immobilie wirtschaftlich plausibel genutzt, ist die steuerliche Verlustverrechnung auf jeden Fall sinnvoll und sehr lukrativ. 


Zusammenfassung des steuerlichen Verlustausgleichs

Verluste bieten also einen beachtlichen Gestaltungsspielraum – aber nur, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Eine professionelle Steuerplanung oder eine fortschrittliche Steuerberater-Software sind hilfreich, um ungenutzte Potenziale zu erkennen und einzusetzen. Insgesamt erfordert die zielgerichtete Verlustverrechnung eine vorausschauende Analyse der Einkommenssituation über mehrere Jahre.

 

Zu den bewährten Maßnahmen gehören die Optimierung durch Timing von Einnahmen und Ausgaben, eine Gewinnrealisierung bei drohender Verjährung des Verlustvortrags oder auch der Verzicht auf Rücktrag per Antrag für eine Verrechnung im Folgejahr.

 

Checkliste für die optimale Verlustverrechnung

Wer die Regeln kennt und strategisch vorgeht, kann den Ausgleich eines finanziellen Defizits als wirkungsvolles Steuerinstrument nutzen – legal und effizient. Folgende Checkliste unterstützt die bestmögliche Umsetzung:

❏ Verlustarten korrekt identifizieren (betrieblich, privat, Kapital, Vermietung)

❏ Reihenfolge der Verrechnung nach EStG beachten

❏ Verluste rechtzeitig in der Steuererklärung geltend machen

❏ Verluste dokumentieren und nachvollziehbar begründen

❏ Bei Kapitalverlusten: Bescheinigung von Banken beantragen

 

Durch eine präzise Dokumentation und steuerstrategische Überlegungen lässt sich das ganze Verfahren effizient und rechtssicher gestalten. Dazu trägt auch eine individuelle und fachkundige Beratung oder eine praktische Buchführungssoftware bei. Sie erleichtert den Überblick über die Einkommensentwicklung der kommenden Jahre und macht die Verlustverrechnung zu einem zentralen Baustein einer optimierten Steuerstrategie.